Spätestens, wenn Sie bei Amazon einen Account als Verkäufer eröffnen, müssen Sie sich die Frage stellen, welche Rechtsform zu Ihrem Unternehmen passt.
Damit Sie an dieser Stelle bereits die richtige Wahl treffen – Diese Entscheidung sollte wohl überlegt sein, da die Prüfung einer Umfirmierung bei Amazon ewig dauern kann und Ihre Angebote in der Zwischenzeit offline gehen – geben wir Ihnen hier eine Übersicht über die im Amazon FBA Handel gängigen Rechtsformen und nennen Ihnen ihre wesentlichen Vor- und Nachteile.
Einzelunternehmen, UG, GmbH und Limited Company – Was passt wann am besten?
Wir werden im Folgenden drei Rechtsformen, die unter Amazon Sellern am meisten verbreitet sind, miteinander vergleichen.
1. Einzelunternehmen – Der Allrounder für Amazon FBA Seller
Die wohl einfachste Form stellt ein sog. „Einzelunternehmen“ dar. Ein Einzelunternehmen ist eine Wirtschaftseinheit, die ohne große finanzielle Rücklagen von einer einzelnen Person gegründet werden kann. Um ein Einzelunternehmen zu gründen, müssen Sie lediglich ein Gewerbe anmelden. Dafür müssen sie lediglich das entsprechende Formular ausfüllen, bei der zuständigen Behörde einreichen und die entsprechende Gebühr, die meist nicht über 60 Euro beträgt, überweisen.
Diese günstige und formlose Gründung ist ein großer Vorteil des Einzelunternehmens.
Aber nicht nur die Gründung, sondern auch die Buchhaltung für Amazon FBA Seller als Einzelunternehmer ist recht unkompliziert. Da Sie nicht bilanzieren müssen und eine Gewinn- und Verlustrechnung bereits ausreichend ist, ist diese recht überschaubar.
Darüber hinaus ist kein Mindestkapital erforderlich, um als Einzelunternehmer loslegen zu können. Dies kann besonders dann, wenn Sie schnell Geld verdienen möchten, interessant für Sie sein.
Zudem ergibt sich für Sie als Neueinsteiger eventuell der Vorteil, dass Sie keine Gewerbesteuer zahlen müssen. Solange Sie den jährlichen Freibetrag von 24.500 € Gewinn nicht überschreiten, entfällt diese nämlich.
Ab einem jährlichen Gewinn von ca. 60.000 Euro sind die Steuerbelastungen im Vergleich zu anderen Rechtsformen allerdings unverhältnismäßig hoch.
Der größte Nachteil bei einem Einzelunternehmen ist der riesige Haftungsrahmen: Der Inhaber eines Einzelunternehmens haftet mit seinem gesamten Privatvermögen. Es findet keinerlei Unterscheidung zwischen Privat- und Betriebsvermögen statt. Dies hat zur Folge, dass eine schlechte finanzielle bzw. unternehmerische Entscheidung gleichzeitig dazu führen kann, dass Sie Privatinsolvenz anmelden müssen. Auch wenn der Inhaber eines Einzelunternehmens aufgrund dieser Tatsache im Rechtsverkehr sehr hohes Ansehen genießt, sollten Sie das Haftungsrisiko wirklich nicht unterschätzen.
2. GmbH und UG – Eine sinnvolle Alternative mit weniger Haftungsrisiko?
Wem Ihnen das hohe Haftungsrisiko eines Einzelunternehmers ein Dorn im Auge ist, lohnt sich ein Blick auf Rechtsformen mit einer beschränkten Haftung. Die wohl bekannteste ist die „Gesellschaft mit beschränkter Haftung“ (GmbH). Ihre Gründung erfolgt mittels eines Gesellschaftsvertrages, der beim Notar zu unterzeichnen ist.
Sie leisten hier ein Stammkapital von mindestens 25.000 €. Dies ist zwar ein ordentlicher Betrag, allerdings können Sie darauf nach der Eintragung vollständig zurückgreifen und es für Betriebszwecke, wie beispielsweise den Erwerb von Betriebs- und Geschäftsausstattung, einsetzen.
Zudem ist Ihre Haftung dann auf dieses Stammkapital begrenzt. Somit bleibt Ihr Privatvermögen, wenn es hart auf hart kommt, unangetastet.
Wenn Sie nicht sofort eine Einlage von 25.000 € leisten möchten und wenn Sie darüber hinaus alleiniger Gesellschafter der GmbH sind, besteht auch die Möglichkeit der Gründung einer sog. „Ein-Mann-GmbH“. Dabei können Sie schon mit einer Einlage in Höhe von 12.500 € starten. Erst, wenn ein Haftungsfall eintritt, müssen Sie die restlichen 12.500 € leisten.
Seit 2008 gibt es außerdem die existenzgründerfreundliche Variante der GmbH, die sog. „Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)“, kurz UG (haftungsbeschränkt). Sie unterscheidet sich von der normalen GmbH vor allem dadurch, dass sie bereits ab einem Stammkapital von 1 € gegründet werden kann. Allerdings müssen bei der UG mindestens 25 % des Jahresüberschusses in die Rücklage eingelegt werden, damit sich das Stammkapital regelmäßig erhöht und die UG zu einer vollwertigen GmbH werden kann.
Wichtig ist es außerdem zu wissen, dass aufgrund des geringeren Stammkapitals und der daraus resultierenden geringeren Sicherheitslage für Vertragspartner das Ansehen der UG im Zusammenhang mit der Bonitätsbeurteilung wesentlich geringer ist, als das sämtlicher anderer Rechtsformen.
Sowohl GmbH, als auch UG haben im Gegensatz zu einem Einzelunternehmen einen erheblichen buchhalterischen Mehraufwand zur Folge, da Sie verpflichtet sind zu bilanzieren und doppelt Buchhaltung zu führen. Außerdem fallen neben der Leistung des Stammkapitals noch weitere Gründungskosten an, beispielsweise durch Inanspruchnahme eines Notars.
Außerdem müssen Sie beachten, dass die beschränkte Haftung auch ihre Grenzen hat. Es gibt Fälle, in denen ein Durchgriff auf den Geschäftsführer bzw. Gesellschafter der GmbH oder UG stattfindet, wodurch dieser auch mit seinem Privatvermögen haftbar gemacht werden kann. Denkbar ist dies beispielsweise, wenn sog. „existenzvernichtende Eingriffe“ in die Gesellschaft Ursache für eine Insolvenz sind oder auch bei rechtswidrigem Verhalten wie z.B. Urheberrechtsverletzungen.
3. Limited Company (Ltd.) – Internationale Rechtsform für internationale Geschäfte?
Durch die Einführung der UG wurde die aus dem britischen Gesellschaftsrecht stammende „Limited Company“ (Ltd.) weitestgehend verdrängt. Bei der Ltd. handelt es sich ebenfalls um eine Kapitalgesellschaft, deren Grundkapital in Anteile zerlegt ist. Die Haftung der Anteilshaber ist auf dieses Kapital beschränkt.
Eine Gründung ist ebenfalls bereits ab einer Minimaleinlage in vielen Ländern, die zum Commonwealth oder zu ehemaligen englischen Kolonien gehören, möglich.
Auch wenn die Ltd. auf internationaler Ebene ein höheres Ansehen als die UG genießt, bringt sie auch organisatorische Probleme mit sich.
Zum einen wird die Unternehmensführung immens dadurch verkompliziert, dass im Innenverhältnis das Recht des jeweiligen Landes und im Außenverhältnis deutsches Recht gilt.
Sie sind zudem verpflichtet, verschiedene Reports an das Land, in dem Sie die Ltd. angemeldet haben, abzugeben.
Außerdem sind Sie verpflichtet, vor Ort einen ein sog. „Registered Office“ vorzuhalten.
Amazon FBA Kleinunternehmer, ja oder nein?
Neben der Frage nach der passenden Rechtsform stellt sich außerdem immer die Frage, ob man als Amazon FBA Seller von der Kleinunternehmer-Regelung Gebrauch machen möchte oder nicht. Kurz gesagt bedeutet diese Folgendes: Wenn der maßgebende Umsatz zuzüglich der darauf entfallenden Steuer im laufenden Kalenderjahr 50.000 Euro voraussichtlich nicht übersteigen wird, hat man die Möglichkeit, auf den Ausweis und die Abführung von Umsatzsteuer zu verzichten. Gleichzeitig ist man dann aber auch vom Vorsteuerabzug aus Rechnungen anderer Unternehmer ausgeschlossen.
Ob man von dieser Möglichkeit Gebrauch machen möchte, ist letztlich reine Geschmackssache. Dagegen spricht, dass nach außen sofort ersichtlich ist, dass die Umsätze noch verhältnismäßig niedrig sind, was dazu führt, dass man unter Umständen im Geschäftsverkehr nicht ganz so ernst genommen wird. Allerdings kann es durchaus eine Erleichterung für den Start sein, dass man nicht direkt zur Abgabe einer Umsatzsteuererklärung verpflichtet ist.
Fazit zur Suche nach der passenden Amazon FBA Rechtsform:
Ihre Entscheidung sollte auf diejenige Rechtsform fallen, die das für Sie wichtigste Kriterium am meisten berücksichtigt.
Als Einstieg ist ein Einzelunternehmen bestimmt eine gute Wahl.
Ab wann eine Kapitalgesellschaft für Sie rentabel ist, müssen Sie sich in Ihrem Einzelfall ausrechnen oder mit einem Steuerberater besprechen. Für die Wahl der geeigneten Kapitalgesellschaft ist dann natürlich maßgeblich, wie viel Kapital Sie zur Verfügung haben.
Wichtiger Hinweis: Ein großer Risiko für Amazon FBA Händler stellt die Produkthaftung dar, da bei Importwaren der Importeur als Hersteller haftet. Diese Produkthaftung geht jedoch bis ins Privatvermögen – hier schützt auch keine Kapitalgesellschaft!
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Das war eine sehr ausführliche und kritische Betrachtung der Unternehmensformen. Vielen Dank für den tollen Beitrag.